Hans Rechsteiner (hr) BBA 6.4.2023 GastroAargau Besinnung Muri
Typisch Adrian Bolzern: Er setzt eine Windel als Zeichen für seinen Neuanfang, der auf einer grossen Liebe gründet.
«Neuanfänge» als Leitmotiv der Besinnung für GastroAargau Der «Besinnungstag» der Aargauer Gastrofamilie, traditionell am Dienstag vor Ostern in der Klosterkirche Muri, stand diesmal unter besonderen Vorzeichen. Diese Besinnungen vor Ostern haben wegen den beiden inzwischen sehr bekannten Seelsorgern – der reformierten Gastro-Seelsorgerin Corinne Dobler und dem inzwischen laisierten katholischen Theologen Adrian Bolzern, der kürzlich Vater wurde - Kultstatus. Hans Rechsteiner Die beiden Seelsorger - «für die Seelen Sorgenden» - hatten gute Gründe, das Augenmerk auf tägliche Neuanfänge zu legen. Denn wir alle haben täglich Brüche im Leben und Neuanfänge zu meistern, oft nach Chaos, Krise und mit Zukunftsangst. Ostern passt da bestens, als Jesus, der bewusst einen sehr schweren Weg ging, an Karfreitag zu Tode gebracht wurde, verloren seine Jünger all ihre Hoffnungen, doch Ostern ist ein Neuanfang: Der Tod ist nicht das Ende, sondern Auferstehung in Gottes Licht und Liebe. «Denn siehe, ich will Neues schaffen», zitierten sie Jesaja. Das Leben kennt Gutes und Böses, ist Auf und Ab, Freude und Verzweiflung. Adrian greift zum Bodenlumpen Von diesen Beiden ist man sich ja einiges gewohnt, Corinne legte sich in der Klosterkirche schon mal in einen imaginären Sarg, und aus dem Off lud sie Herrgott Adrian zu sich in den Himmel ein. Diesmal war’s etwas profaner, aber nicht weniger ausdruckstark, eindrücklich und lustig: Adrian Bolzern greift zum Bodenlumpen und macht auf Kirchenbodenreinigung. Corinne: «Hei, was machst Du da?» Er: «Ich habe meinen Job verloren und muss etwas Geld verdienen.» Offen und ehrlich, sympathisch auch, schildert er seine Zäsur und seinen Neuanfang, den man zumindest im Aargau inzwischen kennt – wo ihm zudem viel Sympathie entgegenkommt: die Liebe gefunden, sich mit wunderbarer Unterstützung durch den Diözesanbischof in den Laienstand versetzen lassen, also er die Sakramente nicht mehr spenden darf, zivil geheiratet, eine hübsche Tochter bekommen, und weiterhin als Seelsorger vom Bischof die «Missio» erhalten für Gehörlosenseelsorge, Gastro-Begleiter im Aargau, schweizerischer Zirkus- und Ausstellerseelsorger. Anfangs September folgt in Berikon die richtige Hochzeit. Was für ein erfreulicher Neuanfang also. Corinne Dobler geht es ähnlich. Sie durchlebt derzeit eine Phase von Trennungsschmerz, sieht aber, wie es ihr erfrischendes Naturell ist, ihre und ihrer zwei Kinder Zukunft hell. Start in den Frühling? Schmetterlinge? Jedenfalls können die kürzlichen Lebensgeschichten der beiden erfrischenden Seelsorgenden beispielhaft stehen für ihre interessanten Thesen von Chaos, Katastrophe und neuerlicher Auferstehung. «Alles kommt gut», sagen die Beiden. Neuanfänge sind Herausforderungen, bringen aber Vorfreude, Hoffnung und unerwartete Chancen. Corinne Dobler nennt noch die drei Arten, wie jeder Mensch auf solche persönliche Untergänge reagiert: 1. erstarren vor Angst, 2. abhauen, 3. Gewalt, zuschlagen. Als damals ein Begleiter Jesu sein Schwert zückte, dürfte dieser trocken gesagt haben: «Halt, das ist auch keine Lösung.» Logisch, lautet Corinnes Aufforderung an Adrian so: «Leg diesen blöden Kirchenboden-Wischmopp weg, zünd doch lieber eine schöne Kerze an – es ist dann eine mit der Abbildung der schwarzen Madonna von Einsiedeln. Die Botschaft: «In tiefster Dunkelheit ist auch Licht, Du musst es nur suchen.» Zum Abschied gibt’s einen «Bibelkeks» in die Hand Wie es sich in einem Gottesdienst mit der Gastrofamilie gehört, wurden Brot und Wein gesegnet und allen Anwesenden gereicht. GastroAargau – Bruno Lustenberger – beschenkte die Familie Bolzern mit einer imaginären Riesentorte aus Windelstrauss, winzigem Kindergeschirr und farbigem Spielzeug. In schöner Tradition sang der Wirtechor Bremgarten, der mit dem «Speisezettel» seine beliebte Dirigentin Hannah Lindner nach zwölf Jahren verabschiedete. Am Orgelpult sass erstmals Brigitte Koch. Am Ausgang gab es eine schöne Überraschung in die Hand: einen «Bibelkeks» mit einem unterschiedlichen «Wort von Gott» drin in Hüppenteig eingeschlossen. Die Symbolik: Etwas muss zerbrochen werden, damit etwas Neues entsteht. Der obligate hervorragende Apéro Riche für alle Besucher fand in den Räumen des langjährigen Gastro-Aargau-Mitglieds Pflegi Muri statt – das war unglaublich erfreulich und überraschend gut.